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BGH: Geltung des Erschöpfungsgrundsatzes bei gebrauchter Software (Urt. v. 11.12.2014, I ZR 8/13 – UsedSoft III)

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Der Erschöpfungsgrundsatz des Urheberrechts gilt auch für einzelne Vervielfältigungen von Computerprogrammen, die der Erwerber selbst von einer rechtmäßig erstellten Kopie im Rahmen entsprechender Lizenzen vornimmt.

Der Fall

Die Klägerin, eine Herstellerin bekannter Bildbearbeitungs- und Grafikprogramme schloss mit einer evangelischen Stiftung ein Vertragslizenzprogramm, in dessen Rahmen diese sowie ihr angeschlossene Einrichtungen vergünstigte Lizenzen erwerben konnten. Der Mitgliedsvertrag sah dabei ausschließlich die Nutzung im Rahmen des Lizenzprogramms vor. Diese Vereinbarung machte sich die Beklagte, eine Händlerin mit sog. „gebrauchter“ Software, deren Geschäftsmodell schon in der Vergangenheit den BGH beschäftigte (UsedSoft I und II), dergestalt zu Nutze, dass sie durch ein mit der Stiftung verbundenes Rechenzentrum 40 vergünstigte Nutzungslizenzen erwerben ließ. Das Rechenzentrum lud die Software mit der bereitgestellten Seriennummer einmalig aus dem Kundenportal herunter und übergab diese auf Datenträgern gespeichert an die Beklagte, die in der Folge zwei der 40 Nutzungslizenzen weiterveräußerte. Hiergegen wendete sich die Klägerin. Das LG Frankfurt/ Main (Entscheidung vom 27.04.2011 – 2/6 O 428/10) gab der vorrangig auf Urheberrecht gestützten Klage weitgehend statt. Die Berufung der Beklagten führte zur teilweisen Abweisung der Klage (OLG Frankfurt/ Main, Entscheidung vom 18.12.2012 – 11 U 68/11).

Die Entscheidung

Das OLG Frankfurt sah weder das urheberrechtliche Verbreitungs- noch das Vervielfältigungsrecht der Klägerin durch die Weiterveräußerung der Lizenzen seitens der Beklagten verletzt. Der BGH bestätigte die Einschätzung des Berufungsgerichts, dass bezüglich der heruntergeladenen Kopie gemäß § 69c Nr. 3 S. 2 UrhG Erschöpfung eingetreten sei. Deshalb seien die Rechte der Klägerin auch nicht dadurch verletzt worden, dass diese vom Rechenzentrum entgegen der Lizenzvereinbarung weiterveräußert worden seien. Insbesondere sei die Erschöpfung an allen im Rahmen der 40 Nutzungslizenzen erstellten Kopien eingetreten. Insofern sei der vorliegende Fall, dass der Rechteinhaber konkret lediglich dem Herunterladen einer Kopie sowie der Erstellung weiterer Kopien von dieser zugestimmt habe, dem Fall der Weitergabe entsprechend vieler physischen Datenträgern gleichzustellen. Deshalb sei auch eine Weiterveräußerungen einzelner Lizenzen durch die Beklagte erlaubt gewesen. Die Lizenzen seien insoweit eigenständig und anders als jene Server-Client-Lizenzen zu behandeln, bei denen mehrere Nutzer auf nur eine auf dem Erwerberserver befindliche Kopie zugriffen. Auch die Tatsache, dass die Klägerin die Lizenzen lediglich zur Nutzung durch Bildungseinrichtungen erteilt und diese auch zu einem entsprechend vergünstigten „Bildungspreis“ in den Verkehr gebracht habe, ändere nichts an der Erschöpfung der Rechte. Diese sei unabhängig von einer inhaltlichen Beschränkung, das Werk nicht weiter zu veräußern. Es komme insofern lediglich auf ein Inverkehrbringen mit Zustimmung des Rechteinhabers an. Andernfalls sei die freie Umlauffähigkeit für Dritte nicht abzuschätzen. Auch stünden solche inhaltlichen Beschränkungen dem Recht des Erwerbers einer erschöpften Kopie, diese gemäß § 69d Abs. 1 UrhG zur bestimmungsgemäßen Benutzung zu vervielfältigen, nicht entgegen. Die erzielte Vergütung müsse indes nur angemessen sein, nicht aber dem wirtschaftlichen Wert des Werkes entsprechen.

Konsequenzen

Die Entscheidung des BGH steht im Einklang mit seinen Vorentscheidungen (BGH GRUR 2014, 264 – UsedSoft II und GRUR 2001, 153 – OEM-Version). Sie stärkt die freie Weiterverkäuflichkeit gebrauchter Software durch Ausweitung der Anwendbarkeit des Erschöpfungsgrundsatzes auch auf einzelne Lizenzen eines Lizenzpakets sowie weitere Verbreitungswege wie die vorliegende Eigenvervielfältigung durch den Erwerber. Darüber hinaus bestätigt der BGH seine Entscheidungspraxis, dass der Hersteller die Erschöpfung nicht durch inhaltliche Beschränkungen der Erstlizenz auf bestimmte Anwendungsszenarien verhindern kann. Derartige Beschränkungen stellen auch keine Regelung der bestimmungsgemäßen Verwendung nach § 69d Abs. 1 UrHG dar. Voraussetzung der Erschöpfung bleibt jedoch der Nachweis der Unbrauchbarmachung der Software beim Ersterwerber. Nach der Entscheidung gilt dies zwar nur für die tatsächlich weiterveräußerten Lizenzen und nicht alle im Rahmen einer Volumenlizenz ausgestellten Einzelberechtigungen. Dennoch könnte dieser Beweis im Prozess schwer fallen, da der BGH die von der Beklagten hierzu vorgelegte notariell beglaubigte Bestätigung, dass eine Löschungserklärung der Ersterwerberin vorgelegen habe, als Beweis nicht ausreichen ließ. Auf die zunehmend relevanteren Modelle der Softwarenutzung auf Hersteller- oder Drittsystemen (Software as a Service) ist die Entscheidung im Verhältnis zum Nutzer nicht anwendbar.