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BGH: Konkludente Einwilligung in Veröffentlichung eines Fotos

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Der Fall

Die Klägerin geht für eine Promotion-Agentur auf eine „Prominentenparty“ um dort Zigaretten des Auftraggebers der Agentur anzubieten. Bei dieser Tätigkeit wird sie fotografiert und das Bild findet sie später auf einem Eventportal, welches über die Veranstaltung berichtet. Die Klägerin lässt das Portal abmahnen. Das Bild wird darauf gelöscht und das Portal verpflichtet sich zur Unterlassung. In der Klage geht es daher nur noch um die Erstattung der Anwaltskosten.

Die Entscheidung

Der BGH (VI ZR 9/14) bestätigt die Abweisung der Klage durch die Berufungsentscheidung des Landgerichts Berlin. Der Klägerin habe kein Unterlassungsanspruch gegen das Portal zugestanden, daher seien die Anwaltskosten auch nicht zu erstatten. Die Zulässigkeit von Bildveröffentlichungen richtet sich nach dem abgestuften Schutzkonzept der §§ 22, 23 KUG. Grundsätzlich dürfen Bildnisse einer Person nur mit deren Einwilligung verbreitet werden. Eine Ausnahme gilt jedoch für Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte. Diese Ausnahme wiederum ist dahingehend beschränkt, dass die berechtigten Interessen des Abgebildeten nicht verletzt werden dürfen. Das Berufungsgericht hatte ein zur Bildberichterstattung berechtigendes Ereignis der Zeitgeschichte angenommen und keine Verletzung der Interessen der Klägerin gesehen. Der BGH meint dagegen, dass sogar von einer konkludenten Einwilligung der Klägerin in die Veröffentlichung der Fotos auszugehen sei. Der Arbeitgeber der Klägerin habe ihr Informationsmaterial zur Verfügung gestellt, aus dem sich ergebe, dass mit Fotos zu rechnen und deren Veröffentlichung vom Auftraggeber des Arbeitgebers aus Werbegründen durchaus erwünscht sei. Auch aufgrund der äußeren Umstände einer „Prominentenparty“ habe sie mit der Anwesenheit von Medienvertretern rechnen müssen. Die Medienvertreter hätten die Tätigkeit der Klägerin daher nur so verstehen können, dass sie mit Fotos und deren Veröffentlichung im Interesse des beworbenen Unternehmens einverstanden sei. In einem nachfolgenden Beschluss auf eine Anhörungsrüge hat der BGH durchblicken lassen, es sei nicht entscheidend, ob die Klägerin die Unterlagen zur Kenntnis genommen habe, ausreichend sei die Teilnahme in dieser Funktion an einer solchen Veranstaltung.

Konsequenzen

Das Urteil überzeugt nicht. Der BGH unterstellt der Klägerin, dass sie stillschweigend in etwas einwillige was sie nicht möchte, weil das Unternehmen, dem die Werbung zu Gute kommt, als Auftraggeber ihres Arbeitgebers daran ein erkennbares Interesse habe. Dieses gegenüber der Klägerin vertraglich nicht fixierte Interesse, Produktwerbung in die Bildberichterstattung einzuschleusen, soll dem Wunsch der Klägerin nicht im Internet als Zigaretten-Hostess abgebildet zu sein vorgehen. Das Interesse an Schleichwerbung ist aber schon nicht berechtigt und musste von der Betroffenen daher nicht bedacht werden. Vor allem berücksichtigt der BGH die besondere Beeinträchtigung der Interessen der Klägerin durch eine Internetveröffentlichung nicht. Die Verbreitung von Bildern im Internet ist für den Betroffenen kaum kontrollierbar. Bilder können im Internet außerdem gezielt mit Gesichtserkennung recherchiert werden. Es liegt daher fern, dass die Betroffene bei Annahme eines Jobs zum verteilen von Zigaretten auf einer Party ohne gesonderte Vergütung als Eye Candy auf Internetportalen herhalten möchte. Wenn dem Auftraggeber oder dem Arbeitgeber über die Verteilung der Produkte hinaus die Verbreitung von Bildnissen wichtig gewesen wäre, dürfte man eine entsprechende Vereinbarung mit der Hostess erwarten. Die Übergabe von Informationsmaterial jedenfalls ersetzt keine Einwilligung. Auch unterschätzt der BGH das Wissen der Medienvertreter von der Problematik. Jeder Bildjournalist kennt die schwierigen Abwägungen beim Schutzkonzept des KUG. Medienvertreter sind schlecht beraten, wenn sie aus der Anwesenheit einer Person bei einer Veranstaltung automatisch auf eine konkludente Einwilligung zur Veröffentlichung der Bildnisse im Internet schließen. Nachdem sich das Portal zur Unterlassung verpflichtet hatte und es nur noch um die Abmahnkosten ging, hatte der Bundesgerichtshof nicht zu entschieden, ob die Klägerin berechtigt war, ihre „konkludente Einwilligung“ zu widerrufen oder nach einem gewissen Zeitablauf zu kündigen. Außerdem dürfte die „konkludente Einwilligung“ auf die Berichterstattung über die Party beschränkt sein, so dass eine Nutzung außerhalb dieses Zusammenhanges unzulässig wäre (siehe auch OLG Hamburg vom 28.06.2011, 7 U 39/11). Nicht übertragbar ist die Entscheidung außerdem auf sonstige Anwesende oder Begleitpersonen auf einer solchen Party. Die Entscheidung gilt unmittelbar nur für Personen die dort eine Tätigkeit ausüben, an deren Abbildung und Verbreitung Dritte typischerweise ein wirtschaftliches Interesse haben.