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Werbung mit Selbstverständlichkeiten

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Die Anpreisung der eigenen Leistungen mit Selbstverständlichkeiten ist unlauter, wenn der Verbraucher davon irregeführt wird.

BGH vom 22.10.2008, I ZR 121/07 – Ankaufgebühr

Entscheidung

Angegriffen worden war die Bewerbung des Ankaufs von Edelmetallen „ohne Ankaufsgebühr“. Nachdem wie bei den meisten Bargeschäften auch hier keine „Gebühr“ vom Käufer der Ware erhoben wird, liege eine Werbung mit Selbstverständlichkeiten vor. Selbst wenn die Werbeaussage richtig sei, könne die Werbung dennoch unlauter sein, wenn bei den angesprochenen Verbrauchern die irrige Vorstellung hervorgerufen werde, die angepriesene Eigenschaft stelle einen Vorzug gegenüber den Leistungen von Mitbewerbern dar. Dies könne beispielsweise angenommen werden, wenn die betonte Eigenschaft der Leistung wesensgemäß oder gesetzlich vorgeschrieben sei, ohne dass dies den Verbrauchern allgemein bekannt wäre. Zulässig dagegen sei die Bewerbung von Eigenschaften, die freiwillig vom Anbieter gewährleistet werden, auch wenn es sich um eine übliche Sonderleistung handele (Bestätigung von BGH vom 09.07.1987, I ZR 120/95 – Gratis-Sehtest). Bei der Werbung mit „keine Ankaufsgebühr“ hingegen entsteht nach Ansicht des BGH die Vorstellung des Verbrauchers, der Anbieter verzichte auf eine entsprechende Gebühr und biete daher einen Vorteil gegenüber den Mitbewerbern, obwohl der gebührenfreie Edelmetallankauf branchenüblich sei.

Konsequenzen

Zunächst die gute Nachricht: Auf werbetaugliche Eigenschaften der eigenen Leistung darf auch dann hingewiesen werden, wenn Mitbewerber vergleichbare Angebote darbieten. Ab wann eine Werbung mit Selbstverständlichkeit jedoch geeignet ist, bei der Zielgruppe eine Fehlvorstellung hervorzurufen, klärt der BGH nicht. Der Slogan „Sonne, Strand und Meer“ dürfte für eine Reise auf die Kanaren nichts Besonderes versprechen, aber wohl zulässig sein. Anders hingegen die Werbung: „alle Neuwagen ab sofort mit der strengen Abgasnorm EURO 4“. Nachdem diese Norm seit 01.01.2005 gilt, dürfte die Einhaltung inzwischen für Neuwagen selbstverständlich sein. Möglich könnte wiederum die Werbung mit der Abgasnorm EURO 5 sein, die für Fahrzeugentwicklungen erst ab 01.09.2009 verbindlich ist.

Es kommt also darauf an, ob durch die Werbung mit der Selbstverständlichkeit eine Fehlvorstellung beim Verbraucher hervorgerufen wird. Zunächst erscheint es paradox, dass sich der Verbraucher über eine Selbstverständlichkeit irren sollte. Oft wird dies auch ausgeschlossen sein (siehe oben das Beispiel des Meeres um die kanarischen Inseln). Aber gerade bei gesetzlich verbindlichen Eigenschaften eines Produktes kann die herausstellende Bewerbung den Verbraucher verunsichern oder andere Vorstellungen erzeugen, als gesetzlich gewährleistet sind (Werbung mit CE-Kennzeichnung).

Ob eine Werbung geeignet ist, eine solche Fehlvorstellung trotz Selbstverständlichkeit hervorzurufen hängt von der konkreten Gestaltung ab. Die betonte Bewerbung einer Eigenschaft macht aber wohl wenig Sinn, wenn der Kunde die gleiche Leistung selbstverständlich auch bei allen Mitbewerbern erwartet (Bsp: „Wir beraten zur aktuellen Rechtslage“).