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Produktempfehlungen via E-Mail ohne Einwilligung des Adressaten zulässig (?)

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„Send to a friend“, E-Cards und ähnliche Funktion zur mittelbaren E-Mail-Werbung wurden bislang überwiegend als unzumutbare Belästigungen eingestuft. Der BGH deutet an, hiervon im Hinblick auf die gegen „Direktwerbung“ gerichtete zugrundeliegende EU-Richtlinie abweichen zu wollen.

BGH vom 29.05.2008, I ZR 189/05 – Freundschaftswerbung im Internet

Der Fall

Quelle präsentierte ihren Warenkatalog auch im Internet mit einem Auswahlmenü, das unter anderem die Aktion „das Produkt weiterempfehlen“ enthielt. Über diese Funktion erhielt der vom Website-Besucher genannte Empfänger per E-Mail einen Link zu der jeweiligen weiterempfohlenen Internet-Seite mit den Produktangaben und ggf. den persönlichen Grüßen des Website-Besuchers. Zusätzlich fügte die Beklagte in der E-Mail einen Hinweis auf ihren Newsletter und auf Sonderverkäufe bei.
Die hiergegen vorgehende Wettbewerbszentrale hatte in der ersten Instanz nur die Möglichkeit zur Produktempfehlung als solche angegriffen, während sie in der zweiten Instanz den werblichen Zusatz bei der Produktempfehlung mit zum Gegenstand des Antrags machte.

Entscheidung des Gerichts

Der BGH ließ Quelle ungeschoren davon kommen. Die Wettbewerbszentrale habe nach Schluss der mündlichen Verhandlung den Antrag ausgewechselt, weshalb die Berufung unzulässig sei. Damit blieb es bei der erstinstanzlichen Klageabweisung.

Bewertung

Inhaltlich beschäftigt sich der BGH ausschließlich mit prozessualen Fragen der Antragsfassung und deren nachträglicher Änderung. Entsprechend der ständigen Rechtsprechung geht er vom Wortlaut des Antrags nebst Klagebegründung zur Bestimmung des Streitgegenstandes aus; die als Anlage beigefügte Produktempfehlungsmail wertet der BGH im Rahmen der ersten Instanz „nur“ als Beleg für die Rechtsverletzung.
Angesichts dieser formalen Argumentation kann man nicht mit Sicherheit auf die Auffassung des BGH schließen. Es entsteht allerdings der Eindruck, dass sich das oberste Zivilgericht von bisherigen Entscheidungen zu dieser Frage, welche die mittelbare E-Mail-Werbung als unzumutbare Belästigung angesehen haben (vgl. OLG München vom 12.02.2004, 8 U 4223/03 zu E-Cards; LG Nürnberg vom 04.03.2004, 4 HKO 2056/04), distanzieren möchte. So hatte z.B. das OLG Nürnberg als Vorinstanz – vom BGH unbeanstandet – festgestellt, dass sich die zugrundeliegende Richtlinie 2002/98/EG nur gegen Direktwerbung wendet (OLG Nürnberg vom 25.10.2005, 3 U 1084/05; ähnlich Köhler in Hefermehl/Köhler/Bornkamp, UWG, 26. Auflage, § 7, Rdn. 71). Der BGH äußert sich hierzu nicht. Nimmt man jedoch die bisherige Bereitschaft des BGH zur Untersagung von E-Mail-Werbung zum Maßstab (v.a. Urteil vom 11.3.2004, I ZR 81/01), müsste man schlussfolgern, dass der BGH sich inhaltlich dem OLG anschließt. Letzteres hatte ausdrücklich die reine Produktempfehlung als wettbewerbskonform angesehen. Eine Produktempfehlung sei zwar auch als Werbung im weiteren Sinne zu verstehen, der Versand als E-Mail beruhe aber allein auf den Entschluss eines Drittens, der zum Zeitpunkt des Versendens nicht vom UWG erfasst werde, da seine Tätigkeit nicht auf den Absatz eigener Waren gerichtet sei.
Mutige Werber können daher nach derzeitiger Rechtsprechung Funktionen zum Online-Versand von Produktempfehlungen verwenden, solange die Produktempfehlung vom Website-Benutzer ohne übermäßige Werbung aktiv ausgewählt wird und der Empfehlungs-E-Mail keine ergänzende Unternehmens- oder sonstige Werbung beigefügt wird.