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Ordnungsmittelverfahren und negative Feststellungsklage

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Besteht nach einem Unterlassungsurteil Streit darüber, ob eine abgewandelte Handlung verboten ist oder nicht, können Ordnungsmittelverfahren und negative Feststellungsklage parallel geführt werden.

BGH vom 08.11.2007, I ZR 172/05 – EURO und Schwarzgeld

In einem vorhergehenden Verfahren war der Kläger verurteilt worden, bestimmte wettbewerbswidrige Handlungen zu unterlassen. Er verwendete jedoch eine ähnliche Werbeaussage, die nach Ansicht der Beklagten mit verboten war, nach Ansicht des Klägers jedoch aufgrund der Abwandlung nunmehr zulässig sein sollte.
Die Beklagte startete nun ein Ordnungsmittelverfahren wegen der Verletzung des Unterlassungsurteils. Der Kläger dagegen erhob negative Feststellungsklage, um gerichtlich klären zu lassen, dass die abgewandelte Form der Werbung zulässig sei.

Entscheidung

Der BGH hält beide Verfahren für unabhängig voneinander parallel zulässig. Fraglich war vor allem, ob trotz des Ordnungsmittelverfahrens noch ein Rechtsschutzbedürfnis bezüglich der negativen Feststellungsklage besteht. Der BGH sieht jedoch eine unterschiedliche Zielrichtung der beiden Verfahren. Bei dem Ordnungsmittelverfahren sei die Frage der Zuwiderhandlung nur eine Vorfrage, die als solche nicht an der Rechtskraft des Beschlusses teilnehme. Der Ordnungsmittelantrag beziehe sich auf konkrete in der Vergangenheit liegende Verstöße. Hingegen sei die negative Feststellungsklage zulässig, soweit sie die in die Zukunft gerichtete Frage der Zulässigkeit einer bestimmten Verhaltensweise kläre. Insofern sei die Feststellung selbst dann zulässig, wenn ein Ordnungsmittel beschlossen worden sei.

Konsequenzen

Es erscheint zweckmäßig, dem Unterlassungsverpflichteten die Möglichkeit eines ordentlichen Zivilverfahrens über eine vom Unterlassungsgläubiger beanstandete Verhaltensweise zu eröffnen, insbesondere bei der vom BGH derzeit erwogenen Verlagerung komplizierter Unterlassungspflichten in das Vollstreckungsverfahren (Internetversteigerung I und II). In Kauf zu nehmen ist dabei wohl das wenig überzeugende Ergebnis, dass die negative Feststellungsklage gewonnen wird und für alle bis dahin begangenen „Verstöße“ Ordnungsmittel rechtskräftig festgesetzt sein können. Hier erscheinen zwei Lösungswege gangbar:
Zum einen ließe sich, im Falle des widersprechenden Feststellungsurteils ein ungeschriebener Restitutionsgrund nach § 580 ZPO analog annehmen. Zum anderen könnte der Unterlassungsverpflichtete die beabsichtigte Verhaltensweise dem früheren Prozessgegner zunächst anzeigen und zur Erklärung darüber auffordern, ob die Handlung beanstandet werde. Sodann kann der Unterlassungsschuldner vor der Aufnahme der beanstandeten Handlung gerichtlich die Zulässigkeit klären lassen. Nachteil dieser Lösung ist der erhebliche Zeitverlust.