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Opt-out bei datenschutzrechtlicher Einwilligung – HappyDigits

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Schon in der Payback-Entscheidung hatte sich der BGH mit den Anforderungen an eine datenschutzrechtliche Einwilligung auseinandergesetzt. Er konkretisiert und bestätigt nun seine Auffassung unter Berücksichtigung der Neuerungen im Bundesdatenschutzgesetz.

BGH vom 11.11.2009, VIII ZR 12/08

Sachverhalt

Gegenstand des Verfahrens waren die von HappyDigits gebrauchten Registrierungs-AGB. Durch diese konnte man sich zu einem auf Rabattgewährung gerichteten Vertrag anmelden. Den Teilnehmern wurde eine Kundenkarte zur Legitimation bei angeschlossenen Wirtschaftsunternehmen ausgestellt, mittels der Rabattansprüche erfasst, ein Bonuskonto eingerichtet und Bonuspunkte gutgeschrieben wurden. Die Teilnehmer konnten die gesammelten Punkte gegen Prämien einlösen.

Der Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände (vzbv) klagte auf Unterlassung der Verwendung von zwei Klauseln.

Die erste Klausel regelte die Einwilligung des Kunden in die Speicherung, Verarbeitung und Nutzung seiner bei HappyDigits erhobenen Daten zu Marktforschungs- und Werbezwecken. Sie war in der Mitte des einseitigen Formulars platziert, umrahmt und enthielt nachstehend durch Fettdruck kenntlich gemachte Hervorhebungen.

„Einwilligung in Beratung, Information (Werbung) und Marketing

Ich bin damit einverstanden, dass meine bei HappyDigits erhobenen persönlichen Daten (Name, Anschrift, Geburtsdatum) und meine Programmdaten (Anzahl gesammelte Digits und deren Verwendung; Art der gekauften Waren und Dienstleistungen; freiwillige Angaben) von der D GmbH, […], als Betreiberin des HappyDigits Programms und ihren Partnerunternehmen zu Marktforschungs- und schriftlichen Beratungs- und Informationszwecken (Werbung) über Produkte und Dienstleistungen der jeweiligen Partnerunternehmen gespeichert, verarbeitet und genutzt werden. Näheres hierzu in der Datenschutzerklärung als Teil der Teilnahmebedingungen, die Sie mit Ihrer Karte erhalten und die auch in allen K. Filialen und bei allen anderen Partnern eingesehen werden können. Sind Sie nicht einverstanden, streichen Sie die Klausel. Eine Streichung hat keinen Einfluss auf Ihre Teilnahme am Programm. Ihre Einwilligung können Sie jederzeit gegenüber C. widerrufen. Daten von Minderjährigen werden automatisch von der Datennutzung für Werbezwecke ausgeschlossen.”

Die zweite Klausel befand sich vor der Unterschriftenzeile am Ende der Seite und befasste sich mit der Einbeziehung der AGB.

„Die Teilnahme an HappyDigits erfolgt auf Grundlage der Allgemeinen Teilnahmebedingungen, die Sie mit Ihrer Karte erhalten und die Sie dann mit Ihrer ersten Aktivität, z.B. Sammeln, anerkennen.”

Entscheidung des Gerichts

Klausel 1: Opt-out durch Streichung ausreichend

Die Verbraucherschützer hatten gefordert, dass es für eine wirksame Einwilligung einer gesonderten, ausdrücklichen Einwilligung bedarf (Opt-in-Klausel). Das Erfordernis, einen vorformulierten Einwilligungstext streichen zu müssen, schließe eine freiwillige Einwilligung jedenfalls aus, da die Hemmschwelle dafür hoch sei. Das OLG Köln bestätigte dies und sah in der Klausel eine unangemessene Benachteiligung (§ 307 Abs. 1 Satz 1 BGB). Dem folgte der BGH nicht.

Die Klausel unterliege nicht der Inhaltskontrolle, da sie nicht von den Rechtsvorschriften abweiche oder ergänzende Regelungen vereinbare (§ 307 Abs. 3 Satz 1 BGB). Prüfungsmaßstab sei allein das BDSG, da durch die Klausel eine Einwilligung in die Speicherung, Verarbeitung und Nutzung von Daten für die Zusendung von Werbung per Post, sowie zu Zwecken der Marktforschung erteilt werden solle.

Anders als in der Payback-Entscheidung komme § 7 UWG als Maßstab nicht in Betracht, da die Liste der erhobenen personenbezogenen Daten sich auf Name, Anschrift und Geburtsdatum unter Aussparung der Telefonnummer beschränke.

Nach dem BDSG sei eine Einwilligung mittels Opt-out-Klausel nicht zu beanstanden. An dieser Beurteilung habe sich auch nichts durch die Novellierung des BDSG geändert.

Als Grundlage einer Datenverwendung komme allein eine Einwilligung des Betroffenen nach § 4 Abs. 1 BDSG in Frage. Diese sei nach § 4a Abs. 1 Satz 1 und 4 BDSG wirksam, wenn sie zum einen auf der freien Entscheidung des Betroffenen beruhe und zum anderen, wenn sie mit anderen Erklärungen zusammen erteilt werden solle, besonders hervorgehoben sei.

Der BGH stellt fest, dass die Opt-out-Lösung, jedenfalls bei der konkreten Klauselgestaltung, den Anforderungen einer „freien Entscheidung“ genüge. Der Verbraucher unterliege keiner rechtlichen, wirtschaftlichen oder faktischen Zwangslage, da insbesondere darauf hingewiesen werde, dass eine Streichung der Einwilligung keinen Einfluss auf die Teilnahme am Rabattsystem habe. Auch beeinflusse es nicht die freie Entscheidung des Verbrauchers, dass kein gesondertes Kästchen vorgesehen sei, sondern fettgedruckt auf die Möglichkeit der Streichung hingewiesen werde.

Auch die Art der Einbettung in den übrigen Formulartext und die Textgestaltung werde dem Hervorhebungserfordernis gerecht (§ 4a Abs. 1 Satz 4 BDSG). Es solle nur verhindert werden, dass die Einwilligungen im „Kleingedruckten“ versteckt werden und der Betroffene diese übersehe. Weitere Wirksamkeitserfordernisse seien auch unter Berücksichtigung der Datenschutz-Richtlinie nicht zu beachten.
Die konkrete Gestaltung reiche aus, um die Aufmerksamkeit eines durchschnittlich informierten und verständigen Verbrauchers auf die Erklärung zu lenken (Platzierung auf dem Blatt, Umrahmung, „Einwilligung“ als Überschrift, Fettdruck). Auch § 28 Abs. 3a Satz 2 BDSG, eine weitere Konkretisierung des § 4a Abs. 1 Satz 4 BDSG seit dem 01.09.2009, ändere hieran nichts.

Klausel 2: Keine wirksame Einbeziehung der AGB

Die zweite Klausel halte der Überprüfung nicht stand, nach Auffassung des BGH ist sie unwirksam. Die AGB werden durch das in der Klausel beschriebene Verfahren nicht wirksam einbezogen (§ 305 Abs. 2 BGB). Die Möglichkeit zur zumutbaren Kenntnisnahme müsse bestehen, bevor sich der Verbraucher durch eine auf die Einbeziehung der AGB gerichtete Erklärung bindet. Der Vertrag komme daher ohne diese zustande. Eine nachträgliche Einbeziehung könne dann nur im Wege der Vertragsänderung erfolgen. Nach Vorstellung des Verwenders sollte das Einverständnis des Teilnehmers durch die erste Verwendung der Karte fingiert werden. Dies verstoße allerdings gegen § 308 Nr. 5 BGB. Der Kunde könne die übersandte Karte bereits nach dem bestehenden Vertrag nutzen, eine Erklärungswirkung kommt dieser Verwendung daher nicht zu.

Konsequenzen

Rabattsysteme werden auch in den kommenden Jahren eine große wirtschaftliche Bedeutung haben, da immer mehr zumeist überregionale Unternehmen auf die eigene Kundenkarte setzen. Schon jetzt sind Karten im dreistelligen Millionenbereich im Einsatz. Verbraucher freuen sich über die ergatterten Rabatte und Unternehmen können Kunden binden und ihr Angebot zielgenauer optimieren.

Der BGH hält Opt-out-Regelung wie bereits in seiner Payback- Entscheidung für ausreichend und räumt den Unternehmen Spielraum in der Vertragsgestaltung ein. Sondervorschriften des UWG (§ 7 Abs. 2 Nr. 3) waren im vorliegenden Fall nicht einschlägig und führten daher zu einer abweichenden Beurteilung. Sollten daher Daten erhoben werden, die eine elektronische Werbeform ermöglichen (E-Mail, Telefon- und Faxnummer), ist eine Opt-in-Klausel erforderlich.

Zudem ist darauf zu achten, dass die Voraussetzungen des Datenschutzrechtes eingehalten werden (insbesondere § 4a BDSG). Es darf die Entscheidungsfreiheit des Verbrauchers nicht beeinträchtigt werden, indem wirtschaftliche oder soziale Schwächen ausgenutzt, übermäßige Anreize geschaffen oder andere Zwänge erzeugt werden. Es ist das Hervorhebungserfordernis zu erfüllen, dass je nach Vertragsumfang und -art unterschiedliche Voraussetzungen haben kann, um hinreichend die Aufmerksamkeit des Verbrauchers zu erlangen (Schriftgröße, -typ, Formatierung, Rahmen).

Ausdrücklich offen gelassen hat der BGH die Frage, wann die Incentivierung der Einwilligung (hier Verlosung einer Reise) deren Freiwilligkeit beeinträchtigt; der Kläger hatte diese Frage nicht zum Gegenstand des Verfahrens gemacht.