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Lehrerbewertung im Internet zulässig

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Unter den konkreten Umständen mit den gegebenen Einschränkungen hinsichtlich Zugänglichkeit und Inhalten ist die Lehrerbewertungsplattform „Spickmich.de“ zulässig.

BGH vom 23.06.2009, VI ZR 196/08 – spickmich.de

Die Entscheidung

Auf dem Portal „Spickmich.de“ können Schüler anhand vorgegebener Kriterien anonym ihre Lehrer bewerten. Aus mehreren Bewertungen wird dann eine „Schulnote“ für den Lehrer gebildet. Außerdem können angebliche Zitate des Lehrers eingestellt werden.
Eine Lehrerin hat sich gegen die Aufnahme ihrer Person gewandt. Einerseits unter Datenschutzgesichtspunkten und andererseits wegen Verletzung ihres Persönlichkeitsrechts.
Der Bundesgerichtshof hat die konkrete Gestaltung von „Spickmich.de“ für zulässig erachtet. Bislang liegt nur die Presserklärung des Bundesgerichtshofs vor. Daraus ergeben sich jedoch schon wichtige Anhaltspunkte.
Der Bundesgerichtshof sieht die Befugnisnorm für die Plattform in § 29 BDSG. Damit scheint die Frage geklärt zu sein, ob Inhaltsdaten, die Benutzer im Internet eingeben den strengeren Regelungen des TMG unterliegen oder denen des BDSG. Jedenfalls finden nach Ansicht des Bundesgerichtshofs die Befugnisnormen des BDSG Anwendung.
Auffällig ist auch, dass der Bundesgerichtshof § 29 BDSG zitiert. Dieser gestattet die Verwendung von personenbezogenen Daten zum Zwecke der Übermittlung. Gemeint sein dürfte die Übermittlung der von den Nutzern eingegebenen Daten an andere Nutzer. Die Vorinstanz hatte dagegen auf § 28 BDSG abgestellt, welcher die Verwendung von personenbezogenen Daten für eigene Zwecke der Plattform gestattet.
Dies könnte darauf hindeuten, dass der Bundesgerichtshof grundsätzlich Plattformen als bloße Mittler von Informationen betrachtet, soweit es sich um User Generated Content handelt. Die Erhebung, Speicherung und Veränderung der Daten sowie deren Übermittlung ist dann immer zulässig, wenn kein Grund zu der Annahme besteht, dass der Betroffene ein schutzwürdiges Interesse an dem Ausschluss dieser Verwendungen seiner personenbezogenen Daten hat. Hier scheint der Bundesgerichtshof eine Abwägung vorgenommen zu haben, einerseits zwischen der als schutzwürdig anerkannten informationellen Selbstbestimmung der Lehrerin und andererseits der freien Meinungsäußerung der bewertenden Schüler. Die Plattform dagegen soll lediglich Mittel der Meinungsäußerung sein.
Für die Übermittlung ist weiter erforderlich, dass der Empfänger der Daten ein berechtigtes Interesse an ihrer Kenntnis glaubhaft dargelegt hat. Hier bleibt die Pressemitteilung dunkel. Mögliche Empfänger der Daten von Spickmich.de sind alle angemeldeten Nutzer (die Angaben schwanken zwischen 100.000 und 450.000). Deren Interesse an den Daten ist schlicht unbekannt. Hier führt der BGH die Kommunikationsfreiheit an als ein die Persönlichkeitsrechte der Klägerin überwiegendes Interesse.

Bewertung

Plattformen können zunächst einmal aufatmen. Als Mittel der Meinungsfreiheit wird Ihnen ein gewisser Spielraum bei der wirtschaftlichen Verwertung von Nutzerinhalten zugestanden, auch wenn diese personenbezogene Daten enthalten. Dabei sollte allerdings nicht übersehen werden, dass Spickmich.de im Laufe des Verfahrens erhebliche Vorkehrungen getroffen hatte, um den Zugang zu den Daten und die Qualität der Informationen datenschutzkonformer zu gestalten.
So hat der Bundesgerichtshof klargestellt, dass alle auf eine bestimmbare Person beziehbare Informationen auf einer Plattform personenbezogene Daten des Betroffenen darstellen. Damit ist das Damoklesschwert des datenschutzrechtlichen Verbotsgrundsatzes über alle personenbezogenen Internetinformationen gehängt. Schließlich verbietet das Datenschutzrecht die Verwendung dieser Daten, sofern der Betroffene nicht eingewilligt hat oder die konkrete Verwendung gesetzlich erlaubt ist. Von der Begründung des Urteils ist eine Grenzziehung für alle Internetangebote zu erwarten, auf denen Informationen zu identifizierbaren Personen eingegeben werden können.
Ob die Entscheidung schließlich geeignet ist, die informationelle Selbstbestimmung des Einzelnen zu verwirklichen, also jedem die Möglichkeit gibt, zu steuern, wer was wann über ihn weiß, erscheint sehr zweifelhaft. Eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts wird unausweichlich sein.