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Jegliche Mangeldiskussion hemmt die Verjährung

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Werkunternehmer im IT-Bereich empfinden die Verjährung von Gewährleistungsansprüchen häufig als wichtig. In der Praxis wird sie aber selten relevant. Zum einen fallen Mängel bei IT-Leistungen tendenziell schnell auf. Zum anderen bewirkt jede Diskussion eines Mangelsymptoms bereits eine Hemmung der Verjährung, wodurch sich Gewährleistungsfristen kontinuierlich verlängern können.

BGH vom 30.10.2007, X ZR 101/06

Der Fall

Der Besteller und sein Werkunternehmer hatten wiederholt während der Gewährleistungsfrist über eine Funktionseinschränkung telefoniert. Dabei waren beide übereinstimmend davon ausgegangen, dass es sich um einen Bedienungsfehler des Bestellers und nicht um einen Mangel handelt.

Entscheidung des Gerichts

Anders als die Vorinstanz hält der BGH Schadensersatzansprüche des Bestellers nicht für verjährt.
Es sei zwischen Mangelsymptom und Mangelursache zu unterscheiden. Für die Hemmung der Verjährung reiche eine Befassung des Werkunternehmers mit der Mangelerscheinung aus, wie durch das Telefonat über die vorliegende Fehlfunktion erfolgt.
Der Besteller könne sich darauf beschränken, die Symptome eines Mangels zu rügen und vorzutragen. Die Ursachen der bezeichneten Erscheinungen sind dann im vollen Umfange erfasst. Damit trete auch eine Hemmung der Verjährung (§ 203 BGB) ein. Der Begriff „Verhandlungen“ in dieser Vorschrift sei weit auszulegen. Die Hemmung trete bereits ein, wenn der Unternehmer im Einverständnis mit dem Besteller das Vorhandensein eines Mangels prüfe. Eine Hemmungswirkung setze lediglich voraus, dass der Unternehmer bei dem Besteller den Eindruck erweckt, er werde den Mangel prüfen bzw. sich um ihn kümmern, wenn der Besteller hiermit einverstanden ist. Abgesehen von dem Fall, dass der Unternehmer von vornherein jede Verantwortung ablehne, würden die Vertragsparteien durch ihren Meinungsaustausch zum Mangel regelmäßig eine Überprüfungsvereinbarung abschließen, die eine Verhandlung beinhalte. Über die Fehlfunktion und damit das Mangelsymptom haben die Parteien kommuniziert. Der Irrtum über die Ursachen der Mangelerscheinungen in der Weise, dass beide von Bedienungsfehlern ausgingen, sei im Ergebnis unerheblich.

Konsequenzen für die Praxis

Das Urteil setzt die Fehlerbild-Rechtsprechung konsequent fort (Urteil BGH vom 08.05.2003, VII ZR 407/01). Für den IT-Dienstleister ist die Erhebung der Verjährungseinrede damit ein stumpfes Schwert. Unter Servicegesichtspunkten wird er in aller Regel die erste Erwähnung einer Fehlfunktion durch den Besteller nicht pauschal zurückweisen, sondern sich die Angelegenheit erst einmal anschauen, insbesondere wenn Pflege- oder Supportverträge bestehen. Der Verjährungseinwand wird also nur dann in Betracht kommen, wenn der Besteller sich erst nach langer Zeit und mit einem völlig neuen Symptom meldet.
Umso wichtiger ist für den IT-Anbieter eine vertragliche Regelung. Bei aufeinanderfolgenden Erstellungs- und Supportverträgen sollte insbesondere eine Rückabwicklung des ursprünglichen Lieferungsverhältnisses ausgeschlossen sein, falls die Produktivversion erfolgreich abgenommen wurde.