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Ersatz der Abmahnkosten

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Auch Unternehmen mit eigener Rechtsabteilung können die Kosten des mit einer wettbewerbsrechtlichen Abmahnung beauftragten Anwalts erstattet verlangen.

BGH vom 08.05.2008, I ZR 83/06 – Abmahnkostenersatz

Die Entscheidung des BGH

Mahnt ein Unternehmen einen Mitbewerber wegen Verstoßes gegen das Wettbewerbsrecht berechtigt ab, sind die erforderlichen Aufwendungen zu erstatten, § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG. In früheren Entscheidungen hatte der BGH die Einschaltung eines Rechtsanwalts für nicht erforderlich gehalten bei einem Verband zur Förderung gewerblicher Interessen (18.12.2003, I ZB 18/03 – auswärtiger Rechtsanwalt IV, Seite 4) und bei einem Anwalt, der sich in einer einfachen wettbewerbsrechtlichen Frage selbst mit der Abmahnung eines Kollegen beauftragt (06.05.2004, I ZR 2/03 – Selbstauftrag, Seite 4). In beiden Entscheidungen hatte der Bundesgerichtshof die Verweigerung der Kostenerstattung damit begründet, auch für Unternehmen mit eigener Rechtsabteilung sei die Einschaltung eines externen Anwalts nicht erforderlich (I ZB 18/03, Seite 4; I ZR 2/03, Seite 5). In der Folge ging die Praxis häufig davon aus, die Erstattung von Anwaltskosten bei der Abmahnung sei für Unternehmen mit eigener Rechtsabteilung nur bei komplizierten oder besonderen Fällen möglich. Jetzt hat der BGH klargestellt, dass er an seinen früheren Ausführungen nicht mehr festhält. Selbst Unternehmen mit einer Rechtsabteilung die über ausgewiesene Kompetenz im Wettbewerbsrecht verfügt, dürfen sich demnach zur Abmahnung eines Anwalts bedienen. Die Aufwendungen hierfür sind regelmäßig als erforderliche Kosten nach § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG vom Abgemahnten zu erstatten. Offen lässt der BGH allerdings die Beurteilung von Fällen, in denen es für ein Unternehmen weniger Aufwand darstellt, selber abzumahnen, als einen Anwalt zu beauftragen.

Anmerkung

Das Ergebnis zählt und das ist richtig. Für die Überzeugungskraft von Urteilen ist jedoch die Konsistenz mit anderen Entscheidungen wichtig. Eine eingehendere Auseinandersetzung des BGH mit seinen früheren Ausführungen zur Erstattungsfähigkeit der Anwaltskosten bei Unternehmen mit Rechtsabteilung wäre daher wünschenswert gewesen. Die Meinung des BGH, diese früheren Ausführungen seien jeweils nicht für die Urteile entscheidungserheblich gewesen und daher keine Präjudizien, ist schwer nachzuvollziehen. In den zitierten Entscheidungen wurde die Erstattung der Anwaltskosten mit der Begründung abgelehnt, es handele sich um analoge Sonderfälle des bei Unternehmen mit Rechtsabteilung anerkannten Grundsatzes, wonach die Einschaltung eines Anwalts nicht erforderlich ist, soweit der Abmahnende intern über ausreichendes Know How verfügt. Mit der Aufgabe dieses Grundsatzes entfällt auch der die früheren Urteile tragende Analogieschluss. Diese Konsequenz möchte der BGH jedoch nicht ziehen. Dafür mag es gute Gründe geben, darüber hinwegzugehen ist jedoch nicht überzeugend.
Hintergrund könnte sein, dass die Abmahnkosten im größeren Zusammenhang der Kostenerstattung stehen. Hier versucht der BGH seit längerer Zeit recht erfolglos eine klare Linie für die „Erforderlichkeit“ der Anwaltskosten zu finden. Zumeist geht es um die Mehrkosten die dadurch entstehen, dass Gerichtsstand, Sitz der obsiegenden Partei und der Sitz des anwaltlichen Vertreters auseinanderfallen. Hier wäre es dringend an der Zeit, die unternehmerische Entscheidung einen Anwalt des Vertrauens auszuwählen, anzuerkennen. Unternehmen wählen ihren Rechtsbeistand danach aus, ob sie sich optimal vertreten sehen. Dass der Gegner im Unterliegensfall möglichst hohe Anwalts- oder Reisekosten zu begleichen hat, dürfte keine Rolle spielen. Sollte ein solcher Fall dennoch mal vorkommen, stünde dem Missbrauchsargument nichts im Wege.
Der BGH versucht stattdessen, pauschale Fallgruppen zu bilden, in denen die Einschaltung eines auswärtigen Rechtsanwalts zulässig sein soll. Das führt mitunter zu kurios speziellen „Fallgruppen“, beispielsweise wenn der BGH dem Modell einer ausgelagerten Rechtsabteilung eines bekannten Medienunternehmens eine besondere Behandlung zu Gute kommen lässt (BGH vom 02.12.2004, I ZB 4/04 – Unterbevollmächtigter III).
Überzeugender wäre es allgemein die Einschaltung des Anwaltes der Wahl als erforderlich anzusehen. Bislang muss der Anwalt am Drittort zu Beginn des Mandats seinem Mandanten erklären, dass seine Beauftragung gar nicht erforderlich ist.