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BGH: Neues zur Irreführung durch Blickfangwerbung

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Eine Irreführung, die durch einen Blickfang erweckt wird, kann im Einzelfall durch Hinweise beseitigt werden, die nicht selbst am Blickfang teilnehmen.

Der Fall

Die Beklagte – Betreiber mehrere Möbelhäuser – bewarb in einem Prospekt eine Schlafzimmerausstattung unter Abbildung eines Doppelbettes mit Matratze, Kissen und Decken sowie weiteren Dekorationsartikeln. Geworben wurde in der Abbildung mit der hervorgehobenen Aussage „KOMPLETT“. Darunter befand sich die Aufzählung „DREHTÜRSCHRANK, DOPPELBETT, NACHTKONSOLEN“ sowie der Preis. Überschrift und Aufzählung waren durch eingerahmten Kasten und fetter Schrift blickfangmäßig hervorgehoben. Zudem befand sich weiter unten in der Werbegestaltung ein kleiner gedruckter Textblock, welcher die Aussage „Ohne Lattenroste, Matratzen, Beimöbel und Deko“ enthielt. Der Kläger hielt diese Werbung für unzulässig, da durch die Abbildung komplett ausgestatteter Betten nebst blickfangmäßiger Aussage suggeriert werde, das Angebot umfasse nicht nur das Bettgestell, sondern auch Lattenrost und Matratze. Das LG München (Entscheidung vom 30.10.2012 – 1 HKO 10037/12) gab der Klage statt. Die Berufung führte zur Abweisung der Klage (OLG München, Entscheidung vom 16.05.2013 – 6 U 4729/12).

Die Entscheidung

Der BGH lehnt eine Irreführung des Verbrauchers im Sinne von § 5 UWG durch die beanstandete Werbung ab. Anders als das Berufungsgericht geht der BGH jedoch davon aus, dass die isolierte blickfangmäßige Aussage „KOMPLETT: DREHTÜRSCHRANK, DOPPELBETT, NACHTKONSOLEN“ nebst Abbildung eines Doppelbettes mit Matratze der Eindruck erweckt wird, beim Verbraucher den Eindruck erweckt, er erhalte ein funktionsgerecht ausgestattetes Bett samt Lattenrost und Matratze und nicht lediglich ein Bettgestell. Dieser Eindruck ist falsch und somit irreführend. Die Werbung verstoße dennoch nicht gegen das Irreführungsverbot, da der Verbraucher die Erläuterung des kleiner gedruckten Angebotsinhaltes („Ohne Lattenroste, Matratzen, Beimöbel und Deko“) auch ohne klarstellenden Hinweis zur Kenntnis nehmen werde. Im Einzelfall ist es für einen Irrtumsausschluss nicht erforderlich, dass ein an sich irreführender Blickfang durch einen am Blickfang teilnehmenden klarstellenden Hinweis (z.B. Sternchenhinweis) aufgeklärt bzw. berichtigt wird. Es kann vielmehr genügen, dass der Verbraucher sich vor seiner geschäftlichen Entscheidung mit dem gesamten Angebotstext befassen wird. Dies sei insbesondere bei Werbung für langlebige und kostspielige Güter der Fall, mit der sich der Verbraucher eingehend und nicht nur flüchtig befasst. Der Verbraucher werde daher die Information, dass das Angebot lediglich ein Bettgestell umfasst, zur Kenntnis nehmen. Der zuvor durch den Blickfang erweckte Eindruck werde dadurch beseitigt.

Fazit

Wird durch eine blickfangmäßig hervorgehobene Werbeaussage ein falscher Eindruck erweckt, so verstößt diese Aussage gegen das Irreführungsverbot. Der beim Verbraucher hervorgerufene Irrtum kann jedoch durch einen Hinweis beseitigt werden, wenn dieser Hinweis selbst am Blickfang teilhat (z.B. Sternchenhinweis). Der BGH hat in dieser Entscheidung nunmehr klargestellt, dass ein solcher aufklärender Hinweis nicht zwingend am Blickfang teilhaben muss, wenn aufgrund der wirtschaftlichen Tragweite eines Kaufentschlusses davon auszugehen ist, dass der Verbraucher den erläuternden Text zur Kenntnis nehmen wird.